Ich will dieses System mögen – Deutschland 2025
Ein Versuch, das System zu mögen, das uns antreibt, versorgt, erschöpft und zusammenhält.
Ich will dieses System mögen – Deutschland 2025
Eigentlich spricht vieles dafür, dieses System zu mögen.
Es hat uns Wohlstand gebracht, warme Wohnungen, volle Supermärkte, Smartphones, Autos mit Sitzheizung und eine Auswahl, von der frühere Generationen nicht einmal träumen konnten. Konkurrenz treibt uns an, hält uns in Bewegung, sorgt dafür, dass aus Stillstand Fortschritt wird.
Aus dem Mangel wurde Auswahl, aus dem Trabant wurde der BMW, aus der Kälte eine Zentralheizung.
Dieses System verbindet uns – über Arbeit, Märkte, Preise, Leistung. Es ist der gemeinsame Strang, an dem wir alle ziehen, ob wir wollen oder nicht.
Und trotzdem fühlt sich 2025 nicht nach Erfolg an, sondern nach Dauerlauf.
Karriere ist kein Ziel mehr, sondern ein Laufband. Wer anhält, fällt zurück, wer rennt, hat trotzdem Angst, irgendwann unten zu landen. Pleiten häufen sich, Existenzen kippen, während oben alles stabil bleibt – gut abgesichert, gut beraten, gut vererbt.
Wir wissen, dass dieses System uns geformt hat.
Dass wir fleißig sind, ehrgeizig, effizient – und vielleicht genau deshalb so schlecht darin, Schwäche auszuhalten. Denn irgendwo tief drin haben wir gelernt: Wer nicht mithält, ist selbst schuld. Und wer fällt, stört das gute Gefühl der eigenen Stabilität.
Vielleicht scheitert unsere Liebe zum Kapitalismus nicht an seinen Versprechen, sondern an den Menschen, die er unterwegs zurücklässt.
Und vielleicht macht uns genau das so müde: dass wir Teil eines Systems sind, das uns alles gibt – außer Ruhe.
Am Ende liebt uns dieses System ja wirklich – nur halt wie ein Fitnessstudio: Kündigen geht nicht, und Pause ist keine Option.
Schade, danke 2025.
